Silicatfarben: Alte Technik neu entdeckt

Wer im süddeutschen Raum lebt oder bereits einmal seinen Urlaub dort verbracht hat, kennt sie genau: Die oft fast dreidimensional erscheinenden Lüftlmalereien, die dort in kleineren Orten und erhaltenen Altstadtbereichen die Hauswände verzieren. Von Heiligenbildern über Sagenmotive bis zu Alltagsgeschichten findet man in diesen Bildern alles, was die damalige Lebenswelt der Menschen betraf – dargestellt in leuchtenden, lebensechten Farben.

Besonders beeindruckend an diesen Gemälden: Obwohl sie zum Teil seit fast zweihundert Jahren der Witterung trotzen, sind viele bemerkenswert gut erhalten. Das Geheimnis dieses Erfolges ist eine Farbtechnik, deren Grundlagen schon in den späten Ausläufern des Mittelalters entdeckt wurden: Die Silicatfarbentechnik.
Bereits im 15. Jahrhundert beschreibt ein alchimistisch forschender Pater namens Basilius Valentius die Herstellung eines „flüssigen Glases“ aus Kieselsteinpulver und Weinsteinsalz. Nahezu zeitlich parallel sind ähnliche Entdeckungen dokumentiert, unter anderem von dem Naturforscher Gregorius Agricola und dem Chemiker Johann Rudolf Glauber. Der Münchener Mineraloge und Chemiker Johann Nepomuk begann schließlich im 18. Jahrhundert damit, Kaliumwasserglas als Bindemittel fabrikmäßig herzustellen. Darüber hinaus entwickelte er neben anderen technischen Anwendungsmöglichkeiten erste Farben auf der Basis seines Produktes.

Aber wie kommt es zu dem unnachahmlichen Erscheinungsbild von Silicatanstrichen? Die Farben gehen eine chemische Verbindung mit dem Untergrund ein, die so genannte „Verkieselung“, das gibt den Anstrichen ihre farbige Tiefe. Und das ist nicht der einzige Vorteil: Genau diese Verbindung führt auch zu der besonderen Langlebigkeit der Farben, was auch die besonders positive Ökobilanz von Silicatfarbenanstrichen mit sich bringt.
Weitere Eigenschaften, die Silicatfarben unter heutigen Gesichtspunkten besonders interessant machen: Die Anstriche bieten große Diffusionsfähigkeit, können später problemlos in die Natur zurückgeführt werden und sind aufgrund ihrer mineralischen Bestandteile unbrennbar.

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